Vorsicht bei der Verwendung des Claims „klimaneutral“
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil (Az. I ZR 98/23) entschieden, dass die Werbung mit einem mehrdeutigen umweltbezogenen Begriff (hier: "klimaneutral") regelmäßig nur dann zulässig ist, wenn in der Werbung selbst erläutert wird, welche konkrete Bedeutung diesem Begriff zukommt.
Der Fall: Die Beklagte warb in einer Fachzeitung der Lebensmittelbranche mit der Aussage: "Seit 2021 produziert [die Beklagte] alle Produkte klimaneutral"; gezeigt wurde in diesem Zusammenhang ein Logo mit dem Begriff "klimaneutral" und dem Verweis auf die Internetseite eines "ClimatePartner". Die tatsächlich nicht emissionsfreie Produktion wurde durch Unterstützung von Klimaschutzprojekten des Umweltberaters ausgeglichen.
Nach Ansicht der klagenden Wettbewerbszentrale ist das irreführend, weil dem Verbraucher wichtige Informationen vorenthalten werden, auf welche Art und Weise die Klimaneutralität erreicht wird. In den Vorinstanzen blieb die Klage erfolglos, weil die Richter der Meinung waren, dass die Verbraucher unter "klimaneutral" eine ausgeglichene CO2-Bilanz verstehen.
Nicht so der BGH, der die Werbung als irreführend im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG ansieht. Der BGH erläutert in seinem Urteil, dass
• die Reduktion von CO2 und
• die Kompensation von CO2
keine gleichwertigen Maßnahmen darstellen, sondern die Reduktion gegenüber der Kompensation unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes vorrangig ist. Deshalb muss bereits in der Werbung selbst erläutert werden, welche konkrete Bedeutung maßgeblich ist. Aufklärende Hinweise außerhalb der umweltbezogenen Werbung sind nicht ausreichend. Die Irreführung wäre auch wettbewerblich relevant, da die Bewerbung eines Produkts mit einer vermeintlichen Klimaneutralität für die Kaufentscheidung des Verbrauchers von erheblicher Bedeutung ist.
Im vorliegenden Fall ging es zwar um den Bereich der Lebensmittel, allerdings wäre der Fall nicht anderes zu beurteilen gewesen, wenn es sich bei dem streitgegenständlichen Produkt um ein kosmetisches Mitteln gehandelt hätte.
Das Urteil des BGH reiht sich ein in die Vorgaben und strengeren Auflagen, die die EU für grüne Werbeversprechen vorsieht. Auf entsprechende Richtlinien einigten sich die Umweltminister der EU-Staaten bereits im Juni. Demnach müssen sich Unternehmen bald nach wissenschaftlichen Kriterien richten, um die Umwelt- und Klimafreundlichkeit von Produkten zu bewerben. Auch muss dann klar erkennbar sein, worauf sich dies bezieht, etwa die Haltbarkeit oder Recyclingfähigkeit eines Produktes.
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