
Sitzung BfR
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) unterhält eine Arbeitsgruppe für kosmetische Mittel, die sich zweimal im Jahr trifft. Die Protokolle der Sitzungen werden leider erst ein halbes Jahr nach den Treffen veröffentlicht. Nichtsdestotrotz informieren wir Sie hier kurz über die Themen der 31. Sitzung des BfR, bei dem es um die RIFM Sicherheitsbewertungen für Duftstoffe und NCS ging, Vitamin K1 Epoxid und Kontaktallergien durch Methacrylate. Nach Neues aus unserer Tätigkeit in den EU-Gremien erfahren Sie in der Sektion NEM News Aktuelles zu L-Methylfolat Natrium und zu aktuellen Stellungnahmen des ALS.
RIFM Safety Assessment für natürliche Duftstoffkomplexe
Das Research Institute for Fragrance Materials (RIFM) bewertet Duftstoffe, darunter natürliche komplexe Substanzen (NCS), zur Sicherheit hinsichtlich Genotoxizität, Hautsensibilisierung, inhalativer Toxizität und Umweltverträglichkeit. Das probabilistische Creme RIFM-Modell schätzt aggregierte Exposition realistisch ab. Viele NCS zeigten niedrige Expositionen unterhalb relevanter Schwellenwerte (TTC). Im Plenum wurden diskutiert, ab welcher Konzentration Einzelkomponenten in NCS gesondert bewertet werden, die Stabilität und mögliche genotoxische Abbauprodukte – unter Betonung bestehender Lagerungsrichtlinien. RIFM-Bewertungen werden alle fünf Jahre aktualisiert. Die Kommission vermisst eine spezifische Bewertung von p-Cymol. RIFM ist der Ansicht, dass Artikel 15 der Kosmetik-VO nicht auf CMR-Stoffe in NCS anzuwenden sei, sondern nur auf Einzelsubstanzen.
Vitamin K₁-Epoxid – Sensibilisierungspotenzial?
Vitamin K₁ (Phytonadion) ist in Kosmetika wegen sensibilisierender Wirkung verboten, doch Produkte, die den Ersatzstoff Vitamin K₁-Epoxid (VK1E) beinhalten, können weiterhin verfügbar sein. Die Studienlage zur Wirksamkeit ist unzureichend. In Spanien wurden von 2019 bis 2023 Fälle allergischer Kontaktdermatitis durch VK1E dokumentiert: In Epikutantests reagierten 17 von 20 Probanden positiv. Eine Kreuz-Sensibilisierung zwischen VK1 und VK1E ist möglich. Der SCCS bewertete 2010 einen Gehalt von bis zu 1 % Phytonadion mit 4% Epoxidanteil als nicht sicher. Es findet zurzeit ein Call of Data zu VK1E statt, der bis Mai 2026 offen ist.
Kontaktallergien durch Methacrylate bei Gel- und Acryl-Nägeln
Gel-, Acryl- und UV-Nagellacke enthalten Methacrylate wie HEMA und HPMA, häufig in Diskrepanz zur Produktdeklaration, wie eine finnische Analyse zahlreicher Produkte bestätigte. Diese Stoffe sind bekannte Kontaktallergene – Probleme treten sowohl bei Nagelstylistinnen, als auch in der Privatnutzung auf. Zwischen 2004 und 2013 zeigten 47 % der getesteten Nagelstylistinnen eine Allergie gegen mindestens ein Methacrylat/Acrylat; häufige Allergene waren HEMA und HPMA. Die Deutsche Kontaktallergie-Gruppe (DKG) nahm HEMA 2019 in die Standardreihe für Epikutantests auf. Zwischen Juli 2019 und Juni 2023 zeigten 392 von 26.622 Getesteten (1,5 %) eine positive Reaktion. Besonders häufig betroffen waren Menschen mit Handekzemen oder Berufen im Bereich Körperpflege (Nagelkosmetik). Es gab hohe Ko-Reaktivitätsraten unter Methacrylaten. Die Acrylatmonomere HEMA und Di-HEMA Trimethylhexyl Dicarbamate (Di-HEMA TMHDC) wurden vom SCCS als sicher für die professionelle Anwendung bewertet, da die Polymerisierung unter UV-Licht sehr rasch abläuft und der Nagel eine gute Barriere darstellt. Es wird jedoch auch erwähnt, dass man nicht immer von einer kompletten Polymerisierung des Nagelmodellage-Materials ausgehen kann; ein Anteil potentiell sensibilisierender Monomere wird zurückbleiben. Handschuhe bieten nur eingeschränkten Schutz – insbesondere dünne Nitrilhandschuhe, sind bereits nach wenigen Minuten durchlässig. Die BfR Kommission betonte, dass „nur für den gewerblichen Gebrauch“ kein Qualitätsmerkmal, sondern sicherheitsbezogen ist. Zudem fördert die Deutsche gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) eine Studie zur Methacrylat-Permeation durch Handschuhe (Projekt IFA 3159).